Ansichtssache
Meines Erachtens hat alles zwei Seiten. Mindestens. Deine und meine.
Oft sehen wir das, was uns bekannt ist, aber nicht das, was uns unbekannt ist. Woher auch, kennen wir ja nicht. Oder wir nehmen das wahr, was uns passt, aber nicht das, was uns nicht in den Kram passt. Weil das Schöne ist ja schöner. Das, was uns nicht gefällt, eben nicht so schön. So glauben wir manchmal Menschen oder Institutionen, weil sie etwas erzählen, was uns vertraut ist, was wir kennen. Obwohl dies nicht der Wahrheit entsprechen muss.
Wer hat denn recht?
Wir alle haben unser Schema. Was den einen stresst, entspannt die andere. Selten ist für uns die andere Sichtweise nachvollziehbar. Weil sie uns fremd ist. Weil wir sie nicht kennen. Dabei kann es belebend sein, die andere Seite zu betrachten.
Ein Beispiel
Neulich war ich tanzen. Die Veranstaltung war für abends geplant und wurde dann auf den frühen Nachmittag verschoben. Für mich zerriss es meinen Tag. Und dennoch wollte ich dort hin, weil es mich nachhaltig beglückt. Andere Teilnehmer meinten vor Ort: für sie füllte es den Tag. Hä? Wie denn das? – Ich war so auf meine Tageshalbierung fokussiert, dass ich dachte, ich höre nicht richtig. Und als ich dann verstand, dass manch andere keine Tagesplanung hatten wie ich und es ihnen so ganz recht kam, konnte ich meine Ansicht aufweichen und nachvollziehen, dass es eine andere Sicht der Dinge gibt. Wie befruchtend, wie befreiend!
Erweiterung des Horizonts
Und so ist es mit fast allen Dingen im Leben: wir sehen unsere Einstellung, unsere Muster und Glaubenssätze oft als endgültig an. Egal, ob in der Politik, Medizin, Umweltgedanken oder im Alltag. Dabei kann eine neue Sichtweise so erfüllend sein, uns befruchten, weil wir unseren Horizont erweitern. Weil wir etwas zulassen, das uns von unserem vertrauten Weg abbringt, aber dadurch Neues ermöglicht.
Wenn wir uns auch in Politik und Medizin für andere Möglichkeiten öffnen, wird unser Handlungs- und Wissensfeld gigantisch groß! Wenn wir zulassen, dass andere vielleicht recht haben (wobei niemand recht haben muss, das ist auch so ein alter Glaubenssatz!), obwohl es für uns absurd erscheint, erfahren wir eine ungeahnte Weite. Und ob jemand recht hat, weißt du tief in deinem Herzen.
Und du hast immer (d)eine Wahl, ob du dich öffnest oder deinen gewohnten Pfad gehst.
Ich bin oft so dankbar, wenn ich die zweite Seite erfahren kann. Wenn ich dadurch meine Komfortzone erweitere, weil ich etwas dazu lerne.